Ein Stück Lobbericher Wirtschaftsgeschichte

Nettetaler Spätlese. Zeitung für ältere Menschen Nr. 31 (2008)


Ausstellung über die nun 60 Jahre alte Rokal-Modelleisenbahn
in der Grefrather Dorenburg

In einer Holzkiste verpackt wurden im Herbst 1948 die ersten Rokal-Modellbahnen ausgeliefert, die noch eine Fischmaulkupplung hatten. Diese wurde später ebenso ausgetauscht wie das Stromsystem von Wechsel- auf Gleichstrom umgestellt. Später wurden Rokal-Bahnen in Pappkartons verkauft: Auf ihnen lächelte, wie schon in den Jahren zuvor auf Holz, Helmut Heymanns, ein Enkelkind des Firmengründers Robert Kahrmann.

Da hüpft nicht nur das Herz der Modelleisenbahnfreunde vor Freude angesichts der riesigen Menge von Lokomotiven und Waggons der kleinen Rokal-Bahn, da staunt auch der Normal-Lobbericher über die Fülle der Dokumente, die die Rokal-Freunde zur Entwicklung, zur Produktion und schließlich zum Untergang des Familienunternehmens zusammengetragen haben. "Hier wird ein "bemerkenswertes, interessantes und ungewöhnliches Stück Lobbericher Wirtschaftsgeschichte dokumentiert", lobte Kulturdezernent Prof. Dr. Leo Peters die Ausstellungsmacher, die die kleine Eisenbahnabteilung (bis zu 150 Mitarbeiter) auch in das große Werk einbetteten, in dem manchmal über 2 700 Frauen und Männer beschäftigt waren.

Bevor der Besucher seinen Schritt in die Ausstellungsräume in der oberen Etage des Wasserschlosses lenkt, blickt er auf ein großes Foto mit dem Firmenpatriarchen: Robert Kahrmann traf kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges "die verdammt mutige Entscheidung" (Museumsdirektor Dr. Heinz-Peter Mielke), neben Sanitärarmaturen und Autoteilen in seinem Werk auch eine völlig neue Modelleisenbahn herzustellen. Mit dem Ja zu den Plänen des aus Chemnitz stammenden Diplom-Ingenieurs Eugen Engelhardt begann die Geschichte der Rokal TT-Bahn, die heute noch Liebhaber in ganz Europa hat.

TT steht für Table Top und kennzeichnete die in den 1950er Jahren "kleinste Modelleisenbahn der Welt", die die großen Loks im Maßstab 1:120 nachbildete. Mit ihrer 12 mm-Spur ließen sich "Kreise und Ovale selbst auf dem Küchentisch bauen, was in den damals beengten Wohnverhältnissen sehr vorteilhaft war", erklärt Walter Brandt, Sprecher der Rokal-Freunde Lobberich, die diese Ausstellung angeregt, organisiert und wie Profis aufgebaut haben und sie bis 1. Juni mit zahlreichen Veranstaltungen begleiten.

Es ist nicht die erste Ausstellung über die Rokal-Bahn, "aber die größte", vermerkt Brandt stolz. In 33 Vitrinen werden mehr als tausend Loks und Wagen auf kleinen und großen Anlagen gezeigt, die 33 Rokal-Sammler aus ganz Deutschland und den Niederlanden zur Verfügung gestellt haben. Man findet fast alles, was damals in echt über die Schienen lief, von der 1001-Dampflok bis zur 03-Elektrolok. "Es ist eine wahnsinnige Summe, die da steht", umreißt Brandt den Wert der Stücke; zur Überwachung haben die Rokal-Freunde auf ihre Kosten eine Videoanlage installiert. Das teuerste Stück ist leider nicht dabei: Das Holzmodell der ersten Lok mit einigen Eisenrädern ist kürzlich im Internet versteigert worden. Das Mindestgebot lag bei 100 000 Euro.

Die Rokal-Bahn ist von 1948 bis 1970 in Lobberich produziert worden, dann wurde sie an die Firma Röwa verkauft, die 1972 in die Insolvenz ging. Andere Unternehmen haben die Spurweite später übernommen. So gibt es immer noch TT-Freunde rund um den Globus, auch wenn inzwischen noch kleinere Spurweiten (Z 6 mm, N 9 mm) hinzugekommen sind.

Die Ausstellung ist im März täglich (außer montags) von 10 bis 16 Uhr geöffnet, ab April dann von 10 bis 18 Uhr (Karfreitag geschlossen, Oster- und Pfingstmontag geöffnet).

Walter Brandt (62), Sprecher der Rokal-Freunde, hätte als Kind zwar liebend gern eine Rokal-Bahn gehabt, doch war diese zu teuer, als die Eltern gerade ein Haus bauten, denn "für 100 Mark bekam man vier Türen". Erst mit 40 Jahren ist er Modellbahner geworden. Das Bild zeigt ihn mit einigen Rokal-Modellen. Fotos: Meis

Manfred Meis

Siehe auch: Meine erste Rokal-Bahn


Rokal-Freunde im "Tuddel"

Die Lobbericher Rokal-Freunde sind kein Verein, sondern ein lockerer Stammtisch, der sich 2004 in der Gaststätte "den Tuddel" gebildet hat. Man trifft sich fünfmal im Jahr und organisiert in jedem Jahr eine Tauschbörse, die im Dorenburg-Museum stattfindet. Zum Ausstellungsteam gehören Ralf und Richard Nolde, Walter Brandt, Ralf Schmeink (alle Nettetal), Friedhelm Bangel (Oberhausen), Friedhelm Heynen (Viersen) und Dieter Weinsheimer (Schwalmtal). Kontakt: Walter Brandt, Tel. 02153 60773, E-Mail: brandt_walter@t-online.de => mehr

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Termine der Ausstellung

Die Ausstellung wird von zahlreichen Veranstaltungen begleitet. Nach der Tauschbörse (9. März) werden Besucher eingeladen, ihre eigenen Züge auf einer Anlage im kleinen Museumssaal fahren zu lassen und das Bilden großer und kleiner Züge zu üben: 16. März und 5. April, jeweils 11 bis 14 Uhr. Niederländische Einsenbahnfreunde kommen am 27. April, 11 bis 15 Uhr, mit ihren TT- und H0-Modellen nach Grefrath. Wie man Rokal-Loks pflegt und instand setzt, demonstriert Wolfgang Kossek am 18. Mai, 11 bis 14 Uhr. Zur Geschichte und zur Produktion der Firma Rokal spricht Hans-Georg Heymanns, ein Enkel des Firmengründers, am 30. März um 11 Uhr. Ehemalige Rokal-Mitarbeiter sind zur Ausstellungsbesichtigung mit anschließendem Plausch bei Kaffee und Kuchen am 20. April um 15 Uhr eingeladen. Die TT-Board-Gruppe NRW, die sich meist in Kempen trifft, verlegt ihren Stammtisch am 24. Mai in die Dorenburg, um dort ihre neu erbauten TT-Module erstmals der Öffentlichkeit zu zeigen.

 


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