Der erste April

von Edda Herling



Spätlese Nr. 15 - März 2004

In jedem Jahre, am ersten April, da jagt man die Jecken, wohin man will.
Drum putz dir die Augen und nimm dich in acht, sonst wirst du verspottet und ausgelacht.

Jeder von uns wurde sicher schon mal am ersten April hereingelegt, denn der 1. April hat seine Bedeutung als Narrentag. Die Kinder riefen früher auf der Straße:

Appeljäk, jät wiesjemäk - Applinarr, etwas vorgegaukelt!

Morje bös de ene Möschejäk. - Morgen bist du eine Vogelscheuche.

Der Narr, der Jäk', den man dazu auswählt, ohne dass er weiß, was ihm bevorsteht, wird irgendwohin geschickt, um ihn hereinzulegen. Man hat versucht, den Brauch als einen alten Frühlingsbrauch zu erklären. Der "Apreljäk" ist gewissermaßen das Sinnbild für den absterbenden und ohnmächtig gewordenen Winter, mit dem der herannahende Sommer, der im Begriff ist, seine Herrschaft anzutreten, tut, was er will. Der April tut, was er will'!

Hauptmerkmal aller Aprilscherze ist das Täuschen und Hereinlegen von Personen und - wenn es gelungen ist - die Schadenfreude und der Spott darüber. So verbreiten jedes Jahr am 1. April die Zeitungen ihre "Zeitungsenten". (Keine Bange, liebe Leserinnen und Leser - wir haben keine "Ente" in dieser Ausgabe versteckt!)

Die Kinder, aber auch Erwachsene necken sich am 1. April auch heute noch untereinander. Und wer auf einen Aprilscherz hereingefallen ist, der wird auch heute noch mit vielen Versehen verspottet, so zum Beispiel:

Appeljäk, jät wiesjemäk - Applinarr, etwas vorgegaukelt!

Apreljäk!

Schteäk de Naas en de Kafedräk - Steck die Nase in den Kaffeesatz,

Morie bös de ene Möschejäk - Morgen bist du eine Vogelscheuche!

Ein immer noch beliebter Aprilscherz ist, Kinder, Auszubildende oder junge Leute zu einem Nachbarn, Bekannten oder Berufskollegen zu schicken, um dort etwas Sinnloses, das es nicht gab, auszuleihen. Der Nachbar, der die scherzhafte Auftragserteilung sogleich erkannte, schickte denjenigen mit dem Hinweis, er habe den gewünschten Gegenstand hier- oder dorthin ausgeliehen, zum nächsten Nachbarn usw. Manchmal ergab eine solche Kette viele ahnungslose Aprilopfer.

Kinder schickte man in die Drogerie um ein Tütchen Meätselof (Märzenluft) zu holen. Oder man schickte sie in die Apotheke um "Proviiserkes" zu kaufen. (Ein Provisor war ein Apotheker in der praktischen Ausbildung.)

Kinder schickten sich auch gegenseitig in den April mit der Frage: Möchtest du für 10 Pfennig "Haumichblau"? Je nach Temperament des Fragenden fielen die Schläge aus.

Bei der Sparkasse wurden die damaligen Lehrlinge mit folgenden Aufträgen in den April geschickt: Geh mal zu Herrn XY und hol bei ihm die Schüssel, um die Zinsfüße zu waschen!

Frühere Aprilscherze bei den Handwerkern

Besonders bei den Handwerkern war es üblich, dass der jüngste Lehrling, der gerade seine Lehre begonnen hatte, von dem erfahreneren Gesellen in den April geschickt wurde. Hier einige Beispiele:

Bei den Bäckern: Der Lehrling musste bei einem anderen Bäcker die Krenteflent (Korinthenflinte) ausleihen oder "öt Ooremoat" (Augenmaß) oder "ene Sak vol Schwaa" (einen Sack voll Dampf). Im letzten Falle lud die Bäckergenossenschaft einst dem Lehrling einen schweren Sack mit Pflastersteinen auf eine Schubkarre und schickte ihn damit zur Bäckerei zurück.

In einer Gießerei:

Im Büro einer Gießerei schickte man einen Lehrjungen in die Modellschreinerei, um 2 Meter "Schwindmaß" zu holen.

Bei den Maurern:

"En Mang möt Schteejerlöeker" - einen Korb voll Hebellöcher für das Gerüst an der Wand.

Bei den Metzgern:

"Deä jlaasere Tüütschängel" - den gläsernen Panhasrührstock.

Bei den Schlossern und Elektrikern:

"Ene Ämer Schtroom"- einen Eimer Strom.

Bei den Schreinern:

,De Jlaashubel'- den Glashobel.

Heute gibt es keine Lehrlinge mehr, sondern Auszubildende. Ob man sie noch mit diesen harmlosen Aprilscherzen hereinlegen kann - man müsste es versuchen. Probieren wir doch einmal, unsere Enkel - vielleicht per e-mail oder SMS - hereinzulegen. Sie werden vielleicht so überrascht sein, dass sie auf manchen Scherz hereinfallen.


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