RHEINISCHE POST

13. Mai 1989


Ein Hirsch auf dem Buch des Hubertus


Für Johannes Torka, Pfarrer der Lobbericher St. Sebastianus-Gemeinde, war die Sache relativ schnell klar: Warum sollte man seinem Schutzpatron, den man gewöhnlich um Hilfe anruft, nicht auch einmal selbst zu Hilfe kommen? Hintergrund seines Gedankens war die Freilegung und Rekon-struktion eines Fresko in der Lobbericher Alten Kirche, das den Schutzpatron der Jäger, den heiligen Hubertus, in einer recht eigenwilligen Darstellung zeigt.

Allgemein bekannt sind Bilder, die den Heiligen jagend in einer Waldlandschaft zeigen, während vor ihm ein Hirsch mit einem leuchtenden Kreuz im Geweih auftaucht. Diese legendäre Begebenheit hatte die Hinwendung des Hubertus zu Gott zur Folge. Interessant an der Lobbericher Darstellung ist nun, daß der Heilige ein Evangelienbuch in seiner rechten Hand trägt, auf dem ein Hirsch ohne Kreuz im Geweih sitzt: Durch den Hirsch findet Hubertus Zugang zum Wort Gottes und damit auch zu Gott selbst.

Für den Kölner Restaurator Georg Maul, der an den Fresken in der Lobbericher Alten Kirche arbeitet, ist klar, daß diese sehr seltene Darstellung für Kunsthistoriker und Theolo¬gen von großer Wichtigkeit ist und daher noch eine besondere Würdigung erfahren wird. Von besonderer Bedeutung sei es auch, so Maul, daß diese go¬tischen Wandmalereien nie, auch nicht im 19. Jahrhundert, in ihrer Originalität und technischen Ausführung über¬arbeitet und geschönt wurden. Dies ermögliche dem Betrachter heute Rückschlüsse anhand authentischer Überlieferung.

Überrascht ist die Fachwelt über die ungewöhnliche
Hubertusdarstellung: Der Hirsch sitzt auf dem Evangeliar.

(Bild: Archiv Lobberland)

Wie der heilige Hubertus in die alte Lobbericher Pfarrkirche kam, ist nicht ganz klar. Möglicherweise handelt es sich hier um eine Darstellung von Hubertus als Schutzpatron des Bistums  Lüttich, zu dem Lobberich über 500 Jahre lang gehörte. Fest steht aber, daß es sich hier nur um einen kleinen Teil eines ehemals größeren Gemäldes handelt. Hinter einer benachbarten barocken Übermauerung wird noch eine Darstellung des Jüngsten Gerichtes vermutet. Da sich seit der durch die Schließung der neuen Pfarrkirche bedingten neuen Nutzung der Alten Kirche das Innenklima erheblich veränderte, wurden Konservierungsarbeiten an dem ohnehin schwer beschädigten Fresko erforderlich, ehe durch Austrocknung die gesamte Malschicht abfallen würde.

Die Arbeiten, die seit dem Spätherbst vergangenen Jahres laufen und im März weitgehend abgeschlossen werden konnten, erforderten finanzielle Aufwendungen in Höhe von etwa 12 000 Mark, die die Lobbericher Pfarrgemeinde St. Sebastian aufgrund ihrer durch die millionenschwere Sanierung der Pfarrkirche äußerst angespannten Finanzlage nicht einfach „aus dem Ärmel schütteln" konnte. Pfarrer Torka, selbst passionierter Jäger, ging deshalb auf Dieter Hartwig, Leiter des Lobbericher Hegerings, zu, der dann seinerseits die Kreisgruppe Viersen im Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen von dem Vorhaben unterrichtete, dem Schutzpatron der Jäger zu Hilfe zu kommen und sich an der Erhaltung der bemerkenswerten Malerei zu beteiligen.

Bei beiden Gruppen stieß Torka auf offene Ohren: So stiftete der Lobbericher Hegering 1000 Mark, die Kreisgruppe 2000 Mark, und anläßlich einer spontanen Sammlung während der Jahreshauptversammlung der Kreisgruppe kamen noch einmal 1863 Mark zusammen. Mit einer Reihe von Einzelspenden ist das Sonderkonto „St. Hubertus" mittlerweile auf 10 500 Mark angewachsen. Dieter Hartwig gibt sich zuversichtlich, daß bald die Gesamtkosten von den Jägern übernommen werden können: „Bei 1100 Mitgliedern in unserer Kreisgruppe dürften die restlichen 1500 Mark auch kein Problem mehr sein!" Hubertus wird es sicher hocherfreut vernommen haben.


Der Bericht erschien im Regionalteil einer Tageszeitung. Er wird hier mit Genehmigung des Urhebers vom 16. September 2013 veröffentlicht. Das bedeutet keine generelle Freigabe. Bitte setzen Sie sich mit uns oder dem Autor in Verbindung, wenn Sie diesen Artikel verwenden wollen.


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