Logo

Zweites Kapitel.

Lobberich unter Geldern.

Die Grafen von Geldern, von welchen sich die ununterbrochene Reihenfolge seit Gerhard I. (1094 bis 1118) nachweisen lässt, waren unablässig bemüht, durch Kauf, Tausch, Heirat, Kriegsglück und auf andere Weise ihr Gebiet abzurunden und zu vergrößern, sodaß sie schon im 12. Jahrhundert (um 1118) zu den bedeutendsten Dynastien des Niederrheins zählten. Im Jahre 1339 wurde die Grafschaft Geldern zu einem Herzogtum Geldern erhoben. In politischer Hinsicht teilte man dieses in 4 Quartiere oder Viertel ein, die ihre Benennung nach den vier Hauptstädten Nymwegen, Roermond, Zütphen, und Arnheim führten. - Das Quartier Roermonde, auch Oberquartier genannt, umfasste die Aemter: Kessel, Geldern, Goch, (dies bis 1473,) Montfort, Krickenbeck, Straelen, Wachtendonk, Erkelenz und Middelaer; ferner die Staedte: Roermond, Geldern, Venlo, Goch, (diese letztere bis 1473, sodann an Kleve,) Straelen, Wachtendonk, Erkelenz, Nieustadt, und Echt; sodann noch die Herrlichkeiten: Middelaer, Gennep, Aefferden, Walbeck, Well, Arcen, Gribbenvorst, Broekhunsen, Horst, Blitterswyck, Geistern, Spralant, Mirlar, Swalmen, Appelt und Elmpt.

Wann das Gebiet von Krickenbeck mit der Grafschaft Geldern vereinigt ist, lässt sich nicht genau bestimmen. Unmöglich kann die Zugehörigkeit desselben, wie man wohl behauptet hat, von Alters her bestanden haben, da noch gegen Anfang des 12. Jahrhunderts, (1104) wie früher schon gesagt ist, die Existenz eigener Herren und Grafen von Krickenbeck sicher ist. Gewöhnlich nimmt man an, die Vereinigung habe erst i. J. 1326 stattgefunden. Wäre dies der Fall gewesen, hätte dann wohl Herzog Reinald III. von Geldern i. J. 1360 das Amt Krickenbeck als ein solches bezeichnen können, welches schon von Alters her bestanden habe? Der Herzog gelobte nämlich damals, einen Heinrich von Krickenbeck wieder "in syn Amt to setten in onse Land van Kriekenbeck, tot Venlo ende tot Vierschen, als dat Ampt van Altz gelegen is". ) - Dazu kommt noch, dass urkundlich bereits i. J. 1305 ein Gibertus als Schultheiß ) "im Amte Krickenbeck", und i. J. 1288 ein Rütger von Thunse als Drost des Grafen von Geldern ) zu Leuth aufgeführt werden, zwei Thatsachen, womit obige Angabe nicht mehr bestehen kann. - Eine andere gedruckte Quelle sagt, dass Graf Otto II. von Geldern, welcher von 1229 bis 1271 regierte, unter anderem, auch das Amt Krickenbeck angekauft habe. - Wir glauben aber nicht zu irren, wenn wir annehmen, dass im vorhin schon genannten Jahre 1288 Kriekenbeck schon über ein Jahrhundert zu einem Amte Geldern´s herabgesunken war. Hätten gegen Ende des 12. Jahrhunderts (um 1188) Dynasten von Kriekenbeck hierselbst noch die Zügel der Regierung geführt, würde dann wohl ihr Grundbesitztum, und sogar das Patronat der Kirche zu Leuth, in welcher Gemeinde ihr Stammschloß lag, sich in fremden Händen befunden haben? - Um dieselbe Zeit, oder doch nur etwas später, finden wir ihr Residenzschloß zerstört, vom Bau eines neuen Schlosses ist damals nirgends die Rede, und weist auch die Geschichte seit dem Tode des genannten Heinrich keine Grafen von Kriekenbeck mehr auf.

Nettesheim hält den Grafen Heinrich von Kriekenbeck für einen Bruder des Grafen Gerhard von Geldern und identisch mit dem Grafen Heinrich von Kessel, welcher i. J. 1114 im Aufstande gegen Kaiser Heinrich V. in der Schlacht bei Andernach um´s Leben kam. - Auch Fahne (in Bocholtz, Band I, 1. Abth., S. 277) vertritt dieselbe Ansicht. - Ist dies der Fall, so liegt die Annahme nahe, dass Heinrichs Tod die Veranlassung zur Vereinigung des Kriekenbecker Territoriums mit Geldern geworden ist.

Noch vor dem Jahre 1188 erwarb Erzbischof Philipp I. von Heinsberg von Köln, jedenfalls vom Grafen von Geldern, für 1300 Mark, die Güter von Kriekenbeck. Jedoch bei seiner großen Geldverlegenheit erfreute er sich nicht lange dieser Errungenschaft; denn nicht er, wohl aber die Grafen von Geldern werden demnächst im Besitze jener Güter zu Leuth und Umgegend angetroffen. So verkaufte am 3. März 1243 Graf Adolph von der Mark an Graf Otto II. von Geldern für die Summe von 1700 Mark die gesamten Güter, welche er durch Erbschaft vom Herrn von Kriekenbeck (Grafen von Geldern) erhalten hatte, nämlich die Allodien und Lehen mit ihrem Zubehör, einen Hof "Ruffostern", die Zinsleute zu Kempen und andere Lehnsleute und Ministerialien, nebst allen Hörigen, welche rücksichtlich der Herrschaft Kriekenbeck ihm eigen waren. Zu diesen von Otto erworbenen Gütern gehörte auch, wie eine Urkunde v. J. 1291 besagt, das Patronat über die Kirche von Leuth. - Diese Güter, und nicht das Amt Kriekenbeck, wie oben von einem Geschichtsschreiber gesagt, waren also von Otto II Grafen von Geldern erworben. - Graf Adolph von der Mark war mit Irmgardis, einer Tochter des Grafen Otto I. von Geldern vermählt. Offenbar hat die Ehefrau jene Güter als Mitgift in die Ehe gebracht. - Wie früher schon bemerkt, beabsichtigte Graf Otto II. von Geldern i.J. 1251 die Gründung eines Zisterzienserklosters auf dem Schlossplatze der "Burg Altkriekenbeck" unter Leuth. Zu dem Ende erhielt er Altkriekenbeck, welches er bis dahin als Lehen gehabt, vom Erzbischofe Konrad I. Graf von Hochsteden von Köln, (derselbe, der am 14. August 1248 den Grundstein zum jetzigen Kölner Dome legte,) als volles Eigentum; hierfür aber trat er sein Allodialgut, die Deversdonk zu Grefrath, an den Erzbischof ab, und erhielt es als Lehen zurück. Das Projekt kam aber in Leuth nicht zustande, denn Otto errichtete das Kloster auf dem zu Apferden bei Goch gelegenen gräflichen "Schlosse Rott". Im Jahre 1255 war der Bau vollendet, und "Grafenthal", auch "Neukloster" genannt. Otto schenkte diesem Kloster viele Güter, und auch das Patronat der Kirche zu Leuth. Eine Schenkung von Altkriekenbeck wird jedoch im Stiftungsbrief nicht erwähnt, und glaubte Bondam, daß dies Gut verkauft, und der Erlös desselben für den Bau des Klosters verwandt sei. In der Kirche des Klosters Grafenthal befand sich auch die Gruft der Grafen und späteren Herzöge von Geldern v. J. 1251 bis 1376.

(Zusatz aus dem Anhang des Buches:)

Vor dem Jahre 1400 waren die Herren von Wevelinghoven die "Schutzherren" über die Besitzungen der Abtei St. Pantaleon in Köln, welche im "Mühlgau" in den Gemeinden Süchteln, Boisheim und Lobberich lagen.

(Ende Zusatz)

Das geldernsche Amt Kriekenbeck, wie es schon vor 1380, und auch noch bis 1794 bestand, umfasste die Gemeinden: Wankum, Herongen, Leuth, Hinsbeck, Grefrath, Lobberich und Viersen.

Die Grafen und Herzöge von Geldern bis zur Aufhebung des Herzogtums sind folgende:

  • Gerhard I., Graf von Geldern, regierte von 1094 bis 1118;
    ihm folgte sein Sohn:
  • Gerhard II., der Lange, von 1118-1131;
  • Heinrich, Graf von Geldern und Zütphen, von 1131-1182, wo er starb;
    er ruht in Kloster Camp.
  • Otto I. 1182-1207, wo er starb, er ruht ebenfalls in der Abteikirche zu Camp;
    ihm folgte sein Sohn:
  • Gerhard III. von 1207-1229, wo er starb. Er und seine Gattin ruhen in der (jetzigen) Münsterkirche zu Roermond.
    Ihm folgte sein Sohn:
  • Otto II. von 1229-1271, wo er starb. Er war der Erbauer des Klosters und der Gruft zu Grafenthal, wo auch er und seine beiden Gemahlinnen, erstere schon seit dem Jahre 1251, ruhen.
    Ihm folgte sein Sohn:
  • Reinald I., der Streitbare, von 1271-1318; er starb als Gefangener seiner Sohnes 1326 und wurde, wie auch seine beiden Gattinnen, in der Kirche zu Grafenthal begraben.
    Sein Sohn:
  • Reinald II., der Schwarze, regierte von 1318-1343; er starb plötzlich und wurde zu Grafenthal bestattet, wo auch seine erste Gattin ruht, dagegen seine zweite Gattin ruht in der Minnoritenkirche zu Deventer. Unter ihm wurde am 19. März 1339 die Grafschaft Geldern vom Kaiser Ludwig der Baier zum Herzogtume erhoben. Er war also von 1318-1339 Graf und von von 1339-1343 Herzog von Geldern.
    Sein Sohn:
  • Reinald III., der Fette, regierte als Herzog von 1343-1361, wo er durch seinen Bruder abgesetzt wurde; nach seines Bruders Tode, 24. August 1371, abermals zum Herzog berufen, starb er bereits nach drei Monaten, am 4. Dezember 1371, im Alter von 38 Jahren, ehelos, und wurde neben seinem Bruder zu Grafenthal (Neukloster) begraben, und mit ihm der Mannesstamm der geldernschen Fürsten erloschen war.
  • Eduard, Herzog von Geldern, (Bruder des Vorgenannten,) regierte nach Unterwerfung seines Bruders von 1361-1371; er starb durch Meuchlers Hand, erst 35 Jahre alt, am 24. August 1371, nachdem er zwei tage zuvor bei Baesweiler, unweit Geilenkirchen, einen herrlichen Sieg über die Brabanter errungen hatte. Er war verlobt mit Katharina von Baiern, Tochter des Grafen von Holland. Er ruht, wie vorhin schon gesagt, in der Kirche zu Grafenthal (Neukloster); ebenfalls daselbst ruht auch seine Schwester Isabella von Geldern, die dritte Abtissin des Klosters Grafenthal, welche am 10. Dezember 1376 starb.
Kaiser Karl IV. entschied die Erbstreitsfrage zu Gunsten des Jülich´schen Hauses und belehnte im Juni 1372
  • Wilhelm von Jülich, den ältesten Sohn einer Schwester des letzten Herzogs, mit Geldern, welcher aber erst 1377, nach erfolgter Großjährigkeit, die Regierung antrat. Bis dahin hatte sein Vater die Regentschaft geführt.
    Herzog Wilhelm von Geldern, der von 1371-1402 regierte, war seit 1393 auch zugleich Herzog von Jülich, und vermählt mit Katharina von Baiern, der Braut des bei Baesweiler getöteten Herzogs Eduard von Geldern; sie starb 1400 kinderlos und Wilhelm folgte ihr schon am 16. Februar 1402 in´s Grab.
    Ihm folgte sein Bruder
  • Reinald IV. als Herzog von Geldern und Jülich von 1402-1423. Er starb am 25. Juni 1423, ohne Kinder zu hinterlassen und wurde neben seinem Bruder, dem vorigen Herzoge Wilhelm, im Karthäuserkloster Monnighuysen bei Arnheim begraben. - Mit ihm war auch der Mannesstamm der Herzoge von Geldern aus dem Hause Jülich erloschen.

Unter den nun auftretenden Prätendenten erhielt der 13jährige

  • Arnold von Egmond, der Sohn von Maria von Artel, deren Mutter Johanna eine Schwester der beiden letzten Herzöge war, durch Wahl der Ritterschaft und der Städte Gelderns die Regierung des Herzogtums. Dabei beruhigte sich aber keineswegs der Herzog von Berg, welcher gleiche Rechte auf Geldern hatte. Er verschaffte sich vom Kaiser Sigismund die Belehnung mit Geldern und Zütphen; doch weder diese, noch andere kaiserliche und geistliche Zwangsmittel vermochten es, den Herzog von Berg in den Besitz Gelderns zu bringen. Lange Jahre (bis 1444) verheerte nun der erbittertste Krieg das Land.
  • Herzog Arnold von Egmond regierte von 1423 bis 1465, wo er von seinem Sohne Adolph gefangen gesetzt wurde, - und sodann noch nach der Flucht seines Sohnes noch wenige Monate. Er starb, beinahe 63 Jahre alt, nachdem er 50 Jahre den Herzogtitel geführt hatte, am 23. Februar 1473 zu Grave an einem Schlaganfall und wurde in der Kirche zu Grave begraben.
    Sein Sohn
  • Adolph regierte als Herzog von 1465-1471, wo er flüchten musste und in Gefangenschaft geriet, und in der Lille festgesetzt wurde. Da sein Vater, Herzog Arnold, das Herzogtum Geldern an Adolphs Schwager Karl den Kühnen, ohne Zustimmung des Landes für 300.000 Gulden verpfändet hatte, ergriff dieser noch vor dem Tode Arnolds, 1473, mit den Waffen in der Hand die Regierung. Das Oberquartier fiel bald in seine Hände, nur Nymwegen leistete längeren Widerstand, und bald war ganz Gelderland in seinem Besitz. Nach Karl´s Tode erschien noch einmal Herzog Adolph, der aus seinem Kerker zu Courtrai befreit worden war, als Herzog von Geldern; doch nur auf kurze Zeit, denn schon Ende Juni 1477 fiel er in einem Gefechte mit den Franzosen vor Tournan.
    Der vorhin Genannte,
  • Karl der Kühne, Herzog von Burgund, regierte als Herzog von Geldern von 1473-1477, wo er starb.
    Nach seines Schwagers Herzog Adolphs Tode, der ebenfalls 1477 starb,
    folgte
  • Maria von Burgund, Karl des Kühnen Tochter, welche den Erzherzog Maximilian von Oesterreich geheiratet hatte, eroberte Gelderland wieder mit den Waffen. Hierauf wurde es von den Beiden gemeinschaftlich von 1477-1482 regiert; im März 1482 starb Maria von Burgund und
    hinterließ die Regierung ihrem 4jährigen Söhnchen
  • Philipp, später der Schöne genannt. Die Regierung führte Maximilian, sein Vater, als Vormund Philipps des Schönen, von 1492-1492. Die Vormundschaft Maximilian´s fand im Lande keine Anerkennung, vielmehr versuchte man, das burgundische Joch abzuwerfen. - Als nun gar Maximilian, der 1486 zum römischen Könige gewählt worden war, 1488 zu Brügge von den aufständischen Bürgern gefangen genommen wurde, bewirkten die Geldernschen die Freilassung des in französischer Gefangenschaft befindlichen Sohnes des1477 gefallenen Herzogs Adolpf von Geldern, Karl von Egmond, welcher nach 19-jähriger Abwesenheit im März 1492 in sein Vaterland zurückkehrte.
  • Karl von Egmond, Herzog von Geldern, regierte von 1492-1538.
    Am 25 März 1492 betrat der 25jährige Karl den geldernschen Boden und wurde mit Jubel empfangen. Das erste, was Karl zu thun hatte, war, sich gegen seinen Vorgänger, König Maximilian, zu rüsten, welcher sofort ins Oberquartier einrücken ließ; dieser Krieg dauerte mit wenigen Unterbrechungen bis 1499, wo Maximilian Frieden schloß. Nun brach ein neuer Krieg mit Kleve aus, und kaum war derselbe beendigt, als Maximilian´s Sohn, Philipp der Schöne, König von Spanien, im September 1504 auf Geldern loszog. Bald gerieten die bedeutendsten Städte und Schlösser in des Königs Gewalt. Als nun auch noch Maximilian selber mit Heeresmacht anrückte, blieb für Karl nichts übrig, als sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Am 27. Juli 1505 kam zu Tiel ein Vertrag zu Stande, wonach jeder Teil die Städte und Plätze behalten sollte, welche er augenblicklich besaß. Zwei Jahre sollten die Waffen ruhen und Karl dem Könige nach Spanien folgen, und ihm gegen ein Jahrgehalt dienen. Karl hielt indessen den Vertrag nicht; er verbündete sich schon 1506 mit dem französischen König Ludwig XII., dessen Hauptziel es war, der österreichischen Macht in den Niederlanden möglichst viel Schwierigkeiten zu bereiten. Bereits Ende August 1506 rückte das französische Hilfskorps in Gelderland ein. Doch wieder kam es zum Frieden, und wieder wurde der Friede von Karl gebrochen. So ging es während der ganzen Regierungszeit Karl´s v. Egmond. Zur völligen Unterwerfung wurde er selbst nicht durch Kaiser Karl V., (den Sohn Philipp´s des Schönen, des vormaligen Herzogs,) der seit 1515 die Regierung in den Niederlanden führte, gebracht. - Des Herzogs Karl Ehe mit Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg blieb kinderlos; damit aber das Land nach seinem Tode nicht an den Kaiser Karl V. falle, schloß er mit dem Könige Franz I. von Frankreich den Vertrag, dass dieser das Herzogtum erben solle. Dem widersetzten sich mit größter Entschiedenheit die geldernschen Landstände; sie gaben ihre Einwilligung selbst dann nicht, als der Herzog eine Armee sammelte, um die Städte zu bezwingen. Karl musste deshalb auf die Ausführung seines Planes verzichten; dagegen ein allgemeiner Landtag am 12. Dezember 1537 mit Karl´s Zustimmung den ältesten Sohn des Herzogs von Jülich-Kleve-Berg zum künftigen Landesherrn, - ein Schritt, der dem Lande viel Blut und seine Selbständigkeit kosten sollte. Kurz nachher, am 30. Juni 1538, starb Herzog Karl im Alter von 71 Jahren, nach einer 46jährigen Regierung und wurde zu Arnheim in der (jetzt protestantischen) Eusebiuskirche begraben. Seine Wittwe Elisabeth von Braunschweig bewohnte fortan die Burg zu Geldern, wo sie, betrauert von den Einwohnern der Stadt, am 2. April 1572 starb und in der dortigen Pfarrkirche vor dem Hochaltare beigesetzt wurde.
  • Wilhelm, der Reiche, bestieg nach Herzogs Karl Tode als erwählter Herzog sofort den geldernschen Herzogsthron, und vereinigte nach dem am 9. Februar 1539 erfolgten Tode seines Vaters, des Herzogs Johann, die Länder: Geldern, Jülich, Cleve, Berg Mark und Ravensburg unter seinem Zepter, weshalb er der Reiche genannt wurde. Doch seine Herrschaft über Geldern war nicht von langer Dauer, nur von 1538-1543; denn Kaiser Karl V. (der Sohn Philipps des Schönen, und Urenkel des geldernschen Herzogs Karl des Kühnen, gest. 1477,) rückte 1543 mit einer gewaltigen Heeresmacht siegreich über Düren, Jülich, Sittard, Roermond nach Venlo vor. Wilhelm gab nun jeden Widerstand auf; er unterwarf sich dem Kaiser, und verzichtete auf Geldern und Zütphen in dem berühmten Frieden zu Venlo am 12. Sept. 1543. Geldern hörte hiermit auf, ein eigenes, selbstständiges Herzogstum zu sein; es bildete von jetzt an eine Provinz der spanischen Niederlande.

Ueber Kriegsdrangsale und sonstige Unglücksfälle, welche Lobberich während der geldernschen Herrschaft betroffen haben, ist uns leider nur sehr Weniges überliefert worden. Bei Mangel an direkten Nachrichten müssen wir daher die indirekten zu Hülfe nehmen, indem als sicher anzunehmen ist, wenn die Nachbargemeinden litten, unsere Gemeinde nicht schadlos ausgegangen ist.

Seit Mitte des Monats April 1350 standen sich die beiden Brüder Herzog Reinald III. von Geldern und Eduard, und deren Anhänger, wegen der Erbteilung mit den Waffen gegenüber, und es begann ein furchtbarer Bürgerkrieg, der 12 Jahre hindurch dauerte, und den Wohlstand des Landes auf lange Zeit hin gänzlich vernichtete. Inmitte dieses Kampfes war Eduard, der Bruder des Herzogs, (und später selbst Herzog,) ernstlich bemüht, die Edeln des Oberquartiers durch Zunftbezeugungen für sich zu gewinnen, um so seine Gewalt in diesem Landesstreite zu befestigen, was ihm auch gelungen zu sein scheint. Zu seinen vertrautesten Räten in der dortigen Gegend gehörte unter Anderem der Ritter Heinrich von Kriekenbeck, der die Burg "Neukriekenbeck" (das gegenwärtige Haus Krickenbeck) nebst der damit verbundenen hohen und niederen Gerichtsbarkeit, und den dazu gehörenden Ländereien von ihm zu Lehn hielt. Am 20. November 1357 bestätigte Eduard ihm als Anerkennung für seine vielen treuen Dienstleistungen den Besitz dieses Lehens für sich und seine Erben, - nachdem er ihm zwei Monate vorher, am 9. Sept. 1357, auch die "Gruit" zu Lobberich, die sein Vater schon zu Lehen getragen, und welche derzeit noch zu Grefrath lag, als "Erblehen" verliehen hatte. Eduard traf zugleich die Bestimmung, dass die Eingesessenen der Kirchspiele Lobberich Grefrath, Wankum, Hinsbeck, Leuth und Herongen nur allein in der "Gruit" zu Lobberich ihre "Gruit" (zum Bier brauen) holen durften. Am 10. April 1361 erteilte Herzog Reinald III. von Geldern dem Ritter Heinrich von Kriekenbeck das Recht zur Verlegung jeder "Gruit" nach Hinsbeck. Die Familie von Kriekenbeck war noch i. J. 1424 im Besitze dieses Lehens.

Im Herbste 1387 sandte der Herzog von Burgund 500 Lanzen, die Gangelt und Waldfeucht besetzten. Herzog Wilhelm von Geldern rückte zwar vor beide Städte und bot den Burgundern den Streit an; sie nahmen ihn aber nicht an, und Herzog Wilhelm beschränkte sich darauf, seine Erblande im Verteidigungszustand zu versetzen. Der Amtmann von Kriekenbeck bot seine Gesellen auf, und seinem Rufe folgten 31 Edle des Amtes, unter ihnen: Wilhelm, Arnt und Johann von Kriekenbeck, Hermann, Gisbrecht und Johann von Bocholtz. Viersen und das Land von Kriekenbeck setzten 600 Goldgulden für die Verteidigung aus. Von Montag nach Remigius bis zum Donnerstag nach St. Gallus lag Heinrich von Wickrath mit 20 Glavien in Lobberich, von da bis zu Martinusabend in Nieustadt. Zwischen Martinsabend und Stephanstag hielt er sich bald in Echt, Venlo und Lobberich auf, dann trat eine kurze Waffenruhe ein.

Im Kriege des Herzogs Arnold von Geldern gegen den Herzog Adolph von Berg wegen der Erfolge wurden i. J. 1424 Grefrath und Viersen, und im Dezember 1428 Leuth von den Truppen des Herzogs von Berg verbrannt.

Bekanntlich eröffnete Herzog Karl der Kühne von Burgund im Juni 1473 den Feldzug gegen das ihm verpfändete Gelderland. Als er Roermond und anderer Städte sich bemächtigt hatte, brach er gegen Venlo auf, und schlug an der Leuther Grenze, beim "Gasthaushofe", (der damals unter Kaldenkirchen, und jetzt unter Venlo liegt,) seine Zelte auf. Nachdem der Herzog Venlo einige Tage belagert hatte, musste es sich am 24 Juni übergeben. Mit Rücksicht auf den großen Schaden, den Venlo während der letzten Kriegsjahre gelitten, verordnete er am 31. Juli, dass im ganzen Amte Kriekenbeck 3 Jahre lang keine andern, aus Korn bereiteten Getränke verkauft werden sollen, als solche, welche in jener Stadt gebraut seien. 1497, im Dezember., wurde das Amt Kriekenbeck von den Feinden Karl`s durch Brandschatzungen in einer Weise heimgesucht, dass die Einwohner die Flucht ergriffen.

Im Feldzuge Philipps, König von Spanien, gegen das Gelderland, resp. Herzog Karl den Kühnen, rückten feindliche Truppen i. J. 1505 auch in da Amt Kriekenbeck ein und richteten es vollständig zu Grunde. Im Jahre 1505, am 12. September, verlieh Karl der Kühne, Herzog von Geldern, dem Orte Lobberich, zu Ehren seiner Kirche, und für die Herstellung der Steinstraße zwei Jahrmärkte, die noch bestehenden Kirmessen; dazu noch einen dritten, der aber schon vor Jahren abgeschafft ist. Die diesbezügliche, im Kirchenbuche I. und II. vorhandene Urkunde lautet wörtlich:

"Wir Carolus von der Gnaden Gottes Hertzogh von Gelder, Greue (Graf) van Jutphen, thun kundt und bekennen dat wir umb - Zuneigungh, die wir dragen tot unsen lieuen getrouen Schepen, Geschworen und Untersaeten unsers Kirspels van Lobberich in unsere Lande van Crickenbecke gelegen, denselben Kirspiel der h. Kirchen tho Ehren und tot Dienst der reparation des Dorffs mackinge der stein-strate gegeuen haben - vor unss und unse Eruen - twee freie Jairmarkte - der erste Fall gehalden werden op den 3. Sonntag nach den h. Pfingsttag, als St. Cornelius heiligthumb und statio zu Lobberich wirdt gehalten, die andre op die elff thausendt Magden tagh, welche markt einen tagh vor und einen tagh nahe, von opgangd tot den untergangh ter Sonnen toe, jairlichs und alle jair in und uss gaen soll. Alle - sotot diese marckte ihre veilongh bringen, soll geuen drey Morcken, item vor ieglicken pferde - twee moercken, van ecklicken pferde, die op seluen Markt verkauft werden einen Wittpenningh die der kauffer und verkauffer ecklick halff geben, item van einen Ocks, offte Koe, Vercken, ofte Schaaf twee Moerken, der kauffer und verkauffer halb. Also sollen unse Schepen - unde kirspels Leuth von Lobberich gehalden wesen, uns - jeder zeit einen alten tornis jairlichs thoe betaelen. Item bekennen wir - dat wir allen - wat staetes ofte conditien die wehren - die diesen Markt versoeckende werden, unse freiheit den gelendt gegeuen hebben, befehlen allen unsen ambtleuthen - dat sie die vurss. Merckte frehn, und wer dieselue ontfrent, der sall unss brucken leib und gutt. Dess in Uhrkundt haben wir - unse Siegall an desen brieff dren hangen 1505 auf Freitag nach unser 1. Frawen tags nativitatis. Noch hebben wir unsen Scheppen van Lobberich tot Timmerongh - vergünt, der gehalden sall werden op den freytagh nae den Sonnentagh, als man singt "esto mihi". Actum ut supra in presentia consiliariorum anno et die quibus supra."

Um 1500 Unter Herzog Karl dem Kühnen von Geldern, wurde Erkelenz stark mit Reitern und Proviant versehen, und Friedrich Spee zum Hauptmann der Erkelenzer Thore ernannt. Die Bieraccisen vom ganzen Amt Krickenbeck, wozu Grefrath 14 Gulden 20 Stüber lieferte, wurden zur Verpflegung der Reiter verwandt. Mit Cleve, welches mehrere Male Straelen bedrohte, wurde 1503 Friede geschlossen. Dagegen tobte der Kampf Karl`s mit dem Hause Oesterreich fort. Maximilian hatte seinen Sohn Philipp mit Geldern und Burgund belehnt, und 1505 von Köln aus in eigener Person die geldernschen Städte zur Anerkennung des neuen Herrschers gezwungen. Nach Philipps Tode ward seine Schwester Margaretha Statthalterin. 1511 brachen die Burgunder in Gelderland ein, weil Karl burgundische Kaufleute im Königsdorfer Walde hatte anfallen und zwei von ihnen töten lassen. Straelen ward erobert, dagegen scheiterte an der Tapferkeit der Venloer Bürger die Einnahme dieser Stadt. Zwei Jahre später, 1513, machten die Burgunder ihren Einfall in das geldernsche Gebiet, wobei sie Viersen, Lobberich und Grefrath niederbrannten. Im Jahre 1514 bemächtigte sich der Feind des Schlosses Krickenbeck. - Abermals treffen wir ihn i. J. 1528 in großer Anzahl im Amte Krickenbeck an, von wo aus er Streif- u. Plünderungszüge in die Umgegend unternahm.
Auch hat ganz bestimmt der Krieg Kaiser Karls V. gegen Herzog Wilhelm i. J. 1543, unserer Gemeinde große Opfer gekostet; wenn uns auch keine Quelle über Lobberich speziell berichtet, so berichtet eine andere Quelle über den "Zehnten" des Nachbardorfes Leuth, welcher dem Kloster Grafenthal (Neukloster) zu Asperden bei Goch gehörte, u. U., Leuth betreffend, folgendes: "1543. Die Firgel- und Branderthynde hebben die Pachters dit Jaer, want van des Kaisers (Karl V.) Volk dat voorleden Jaer vervondert (verfüttert und verführt) was, und (der Zehnte) der Tyt betaelt waes."


1) Archiv des Schlosses Krickenbeck

2) Kopialbuch des Klosters Grafenthal, S. 2

3) Kopie im Besitz des Hrn. Pfr. Henrichs in Dornick; dieselber erwähnt ebenfalls im Jahre 1288: Henrikus von Krikenbeke, Soldat, und Gybertus, Sohn Heinrichs von Krikenbeke, ebenfalls Soldat


Inhalt

Link Drittes Kapitel: Lobberich unter spanischer Herrschaft