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Neuntes Kapitel.

Das Gerichtswesen.

Lobberich hatte von Alters her eine eigene Ding- oder Gerichtsbank. Eine solbe bestand auch zu Grefrath, Wankum, Leuth und Hinsbeck-Herongen. Die beiden letzteren Orte bildeten zusammen nur einen Gerichtsbezirk,wie schon eine Rechnung des Amtes Krickenbeck v.J. 1473 besagt und auch aus einer Notiz v.J. 1673 sich ergiebt. 1673 wurde Wolfgang Wilhelm Schaesberg das Recht zuerkannt, in jeder von ihm angekauften Herrlichkeit eine Gerichtsbank einzuführen, wofern daselbst bis dahin noch keine bestanden habe.

Der "Schuldheiß" war Vorsteher des Gerichtes. Sämtliche vorgenannte Gemeinden hatten nur einen gemeinsamen Schuldheiß, der darum "Landschuldheiß" hieß. Als erster bekannter Schuldheiß kommt ein "Sibertus" vor, welcher vermutlich aus dem Geschlechte "von Krickenbeck" stammte und i.J. 1305 mit den Scheffen von Grefrath vorkommt.

Bereits i.J. 1288 kommt ein "Sibertus, silius (Sohn) Henrici de Crikenbecke militis" vor. - Der Vorname Sibertus war in der Familie von Krickenbeck und deren Seitenverwandten sehr häufig. Der Pfarrer Sibertus von Krickenbeck, in Lobberich von 1507 bis etwa 1532. führte ebenfalls diesen Namen.

Auch der durch seine Eingriffe in die Viersener Jurisdiktionsrechte bekannte Heinrich von Krickenbeck ist ohne Zweifel als Landschultheiß anzusehen. Im Kampfe der beiden Brüder Reinald und Eduard, um die geldern'sche Herrschaft, stand er auf Seite des Letzteren, von welchem er am 20. November 1357 für "sunderlinghe gunste ende menninghen trouwen dyenst" erblich das hohe und niedere Gericht erhielt. Nachdem er, wahrscheinlich wegen seiner Parteistellung, eine Zeit lang seines Amtes entsetzt war, wurde er von Reinald, dem i.J. 1358 von 10 Schiedsrichtern der Herzogstitel zuerkannt war, wieder in dasselbe eingesetzt. Gemäß der Urkunde vom Sonntag nach Severinstag, 1360, gelobte nämlich Herzog Reinald "heren Heynric van Crekenbec weder in synampt te setten in onsen lant van Crekenbec, tot Venlo ende totVischen, met allen toebehoeren, als dat ampt van alz gelegen ist. Wellic ampt her Heynric of syn erven onderhebben, besitten ende behalden sellen, van ons ende onse erfgenaemen nummermeer dair aff te ontsetten, wyen hebben oem ten ersten voldaen ende wal betaelt aen gereiden gelde 15 463 goldschilde, dye wy oem schuldich bleven in syner lester rekeningen van synen r i c h t e r a m p t ende rentmeisterampt. ...... Ende hier mede sal her Heynric vurf: in unser hulpen blywen tghegen heren Edewart onsen bruder." - Johann von Reide, genannt von Besel, (d Gemahl der Kath. von Bocholtz zu Lobberich, wohnhaft zu Lobberich) tritt 1448, 1467 und noch 1483 als Schultheiß auf und wird 1449 auch Gerichtsvogt von Viersen genannt. Spätere Landschultheiße waren: Gört Vink 1485, Godart Spede (v. Spee) 1492 und 1494, Karl Kye 1519, Heinrich von Burrefeld 1521, schon früher Schuldheiß genannt, Johann von Kyppenborg 1524 und 1529, Franz von Stallberg 1539, Johann Roggen 1540 und 1564, Jenneken von Dornik 1537 und 1556, Johann Drack 1562, 1564 und 1592.

Johann Draecken, ein Late, war ebenfalls 1557 bis 1559 Landschultheiß, wohnte zu Lobberich, und war wohl Stellvertreter. Drack wird 1564 im Lobb. Kirchenbuch II, als solcher genannt.

Gosen Spede (v. Spee) 1597, Godart von Wevelinghoven 1602, 1615 und 1618, Hieronymus Horst 1626 und 1632, gestorben zu Lobberich an der Pest im Sept. 1636, Wilhelm Goris 1644, 1652, 1660, 1674 und 1689. Unter diesen wurden i.J. 1673 die einzelnen Herrlichkeiten des Amtes Krickenbeck öffentlich zum Verkaufe ausgestellt, und erhielten die Ankäufer das Recht, daselbst die Beamten anzustellen. Da die Herrlichkeiten in verschiedenen Händen gelangten, mußte eine Abänderung des Schuldheißamtes vorgenommen werden und bekamen demgemäß Grefrath und Lobberich bald darauf je einen besonderen Schultheiß hingegen, blieb für Hinsbeck, Herongen, Leuth u. Wankum die sämtlich von Wolfgang von Schaesberg erworben wurden, ein gemeinsamer, welcher auch den Namen "Landschultheiß" weiterführte. Zu Lobberich waren seitdem Schuldheiße: Derick Bongarts, 1700, (stellvertretender Scholtes); Balthasar Wyhers, (Scholtes,) 1700; Reiner Adams, 1709, 1724, 1726, 1734 und 1735; Gerhard Johann van Beukler, (Berckler,) 1740 und 1752; Tilman Schmitter, 1747; N. Brewer, 1765; legte am 31. Okt. 1767 das Amt nieder.

Nach Fahne Bocholtz I. Sollte nicht Brewer und Beukler die nämliche Person und der Name von Fahne irrtümlich angegeben sein? In Lobbericher Akten kommt Brewer n i e, v. Beukler jedoch zweimal als Scholtes vor.

Ihm folgte als Schultheiß (beim Volke stets "Scholtes" genannt) Joh. Joseph L'Allemand, der beiden Rechte Lientiat, 1771, 1773, 1777, 1784, 1789 und 1794.

Der Schultheiß kontrollierte auch die öffentlichen Vergnügungen, nahm teil an der Besichtigung der Schornsteine, Backöfen, Wasserwege ec. und übte überhaupt polizeiliche Aussicht aus.

Die "Schöffen" waren Beisitzer im Gerichte und kommen derer bis zum Verkaufe der Herrlichkeit Lobberich i.J. 1673 stets 7 vor.

Noch heute existiert in hiesiger Gegend das Sprüchwort: "Es ist gut, daß der Schepen (Schöffen) 7 sind," daß heißt: "Es ist gut, das mehrere über eine Sache zu entscheiden haben."

Nach dieser Zeit vertrat der Schultheiß den 7. Schöffen, weil ihm in den als solchen ihm zustehenden Gebühren, ein Teil seines Einkommens angewiesen war. In ihren Händen ruhten die notariellen und hypothekarischen Geschäfte. Bei Anfertigung von Testamenten, Heiratskontrakten, Schuldverschreibungen, Verkäufen und bei der gerichtlichen Totenschau wurden 2 Schöffen hinzugezogen, welche die Dokumente unterschrieben und untersiegelten. Das Siegel hatte die Größe eines preußischen Thalers der letzten Prägung, zeigte das Bild des hl. Sebastianus, aufrecht stehend, an einem Baume gebunden, die rechte Hand erhoben und von 5 Pfeilen getroffen; die Unterschrift lautete: "Sankt Sebastianus." Von diesem Siegel, welches die Stelle des jetzigen Gemeindesiegels vertrat, sind mir Abdrücke aus den Jahren: 1618

Fahne, Bocholtz. II.

1621

Kirchenbuch Lobb., S. 3.

1645, 1651, 1668, 1676, 1679, 1725, 1735 und 1771 bekannt geworden. Nach dem "Kirchenbuche von Lobberich" besaßen die Schöffen daselbst im Jahre 1544 noch kein eigenes Siegel. - In kriminellen Fällen sprachen die Schöffen das Urteil über Schuldig oder Nichtschuldig aus; über schwere Verbrecher konnten sie sogar die Todesstrafe verhängen. Sie genossen kein fixes Gehalt, sondern nur Accidentien. Das geldern'sche Landrecht forderte von ihnen, daß sie ehrbare und verständige Personen, von rechter, ehelicher Geburt, mindestens 30 Jahre alt und unter dem Gericht, wozu sie gewählt wurden, begütert seien. Wenn sie mit einer der streitenden Parteien bis zum 2. Grade verwandt waren, durften sie an den Sitzungen keinen Anteil nehmen. Appellationen von Urteilen des Schöffengerichts gingen bis zum Jahre 1714 an das Hofgericht zu Roermond, von da an, bis zum Jahre 1798 an die Appellkammer zu Geldern. Wenn die Schöffen ehedem (vor 1673) einen ihnen vorliegenden Fall nicht zu entschieden wußten, oder, wie die Urkunden sagen, "der Sache nicht weise waren," brachten sie denselben vor die "Landschöffen" auf der "Geer" unter Hinsbeck; vermochten auch diese den Thatbestand nicht festzustellen, so rekurrierten sie an das Roermonder Hofgericht, welches alsdann ein Urteil erster Instanz erließ. - Urkundlich werden im Jahre 1656 Theis op den Sten und Heinken Schusters als "Landschöffen" Lobberichs genannt. - War ein Schöffenstuhl erledigt, so wurden dem Amtmann, später nach 1673 dem Jurisdiktionsherrn, 2 bis 3 Einheimische dafür vorgeschlagen, welcher den ihm Angenehmen bezeichnete. Der Ernannte legte im vollen Gerichte vor dem Schultheiß einen Eid ab, und blieb l e b e n s l ä g l i c h im Amte, wofern nicht Krankheit, Altersschwäche oder sonstige triftige Gründe die Niederlegung des Amtes nötig machten. Bereits i.J. 1473, 1486 und 1539 werden die "Scheffen von Lobberich", aber ohne Angabe ihrer Namen, urkundlich erwähnt. In den Jahren 1560 und 1561 wird die "Dingbank und Gericht" zu Lobberich ebenfalls urkundlich erwähnt, jedoch gleichfalls die Namen der Schöffen nicht genannt. Ihre Benennung war: "Schepen des Gerichtes und der Herrlichkeit Lobberich", wie sie noch in Urkunden aus den Jahren 1735 und 1740 vorkomment; früher, so 1725, war auch wohl die Bezeichnung: "Schepen und Geschworene der Herrlichkeit und des Kirchspiels Lobberich" üblich. Urkundlich sind mir folgende Schöffen Lobberichs vorgekommen: Jenken to Rouenkouen und Koen to gruythusen 1523;

Die bei den Schöffen beigesetzten Jahreszahlen zeigen die Jahre an, in denen sie urkundig vorkommen.

Gerhard angerriet und This Weuelkaueu, Wevelkoven, 1538

Willem Heghoelt und Gerhard Ihn de Rydt, 1544; (nach Kirchenbuch II., S 62;)

Johann Schyffeler 1575 und 1576; Peter von Bocholtz

Peter von Bocholtz war ein Bastardsohn der Familie von Bocholt.

gestorben vor 1575, wird oftmals als Scheffen genannt; Jan Bruisters und Tawken Hegholz 1582; Egbert von Bocholtz, Sohn des vorgenannten Peter von Bocholtz 1597, gestorben den 10. Oktober 1626; Jencken Hegholt, Jan inge Daell, Merten op den Ruyrbroick, zeveltge ob te Sittert, Jencken to roenkouen, und Rutt powels, Pauels, waren 1597 ebenfalls Scheffen; Johann Menßkens 1618; Johann in gen Dhal, (im Dall, in gen Dall,) 1618, 1621, 1622, 1624, 1643, 1645, 1653 und 1674; Heinrich tho Bosch 1618; Heinrich Iheles, (Iehles) 1618;

Heinrich tho begs (Bex) und Johann in de alebrock 1619

Gört Mewis 1621; Johann Moubis (Moubissen, Moubiß,) 1622, 1624 und 1626 Gerrit Dörkes (Doerkes) 1626, 1634, 1640, 1643, 1647 und 1662; Johann (Jan) Schilers, (auch Scheifflers, Schiffeler und Schiflers) 1634, 1640, 1643, 1645, 1662 u. 1681; Johann Hessen 1640 u. 1643; Reiner Backes 1643; Jakob Trepges 1643; Gerret tho Runkouen 1643; Jakob op de Weggen 1647;

In dem Jahre 1650 waren die Scheffen: Johann Hessen, Johann Josten, Johann in gen Dall und Johann Schifflers. Dieselben 4 kommen auch i.J. 1653 vor.

Peter in den Winkel 1660 und 1674; Heinrich (Heinken) Schaffers 1660. Im Jahre 1674 waren die Schöffen Lobberich's: Jan in gen Dael, Peter in den Winkel, Rut in der Auen, Jan Eggen, (dieser starb 1718, sein Grabkreuz ist noch vorhanden); Meuis Cremers und Frederik Mertens. Schöffen fernerer Jahre waren: Marten Dörckes und Claß top Heytesen (Heythausen), Peter Berckens und Hein Tho Greuteser (Gruteser), 1676; Drieß Smitter

(Schmitter), 1681. Die Schöffen i.J. 1694 waren: Joachim Domes, Jan Sibkens, Hendrik Schoupen den Schoenmaecker, Arnt Cruys, Thisken Kalers und Hendrik Kalers. Fernere Schöffen Lobberich's waren: Jeles Hessen und Derich Müllers 1695; Joachim Hessen und Cryn Mobis 1700; Meuus Hollenbenders 1714; Tillman Schmitter 1714, 1715, 1725, 1726, 1734, 1735, 1740 und 1748; (er wird zuweilen auch Bürgermeister genannt); Vith (Veit) Josten 1715 und 1735; Peter Kremers, gewesener Scheffe, gestorben den 21. Januar 1718, (sein Grabkreuz ist noch vorhanden); Remet (Reimet) Stroux 1724; Friedrich Winkels 1724 und 1734; Teisken Grouther 1726; Gerhand Pauls Bürgermeister und Scheffe, gestorben 1727; Gerhard Beumkes 1734; Paulus Pauwels, genannt Kessels 1740 und 1752; Gerrit Stemes, gewesener Scheffe 1745; Jakob Heithausen 1752; Pascher und Heinen, Scheffen 1759; im Jahre 1771 waren Scheffen: Jakob Pascher, Dries Jeles, Jan Bongartz, Gerhard Berndahls, Jan Berten, Jan Dammer und Johann Kessels. Weitere Scheffen waren nach Johann Weyer 1773 und 1784; Jan Dammer 1771, 1773 und 1784; Dries tho Broeck 1789; und Johannes Broecker (Brocker), genannt Stemes, 1789 und 1795, gestorben den 19. Januar 1795. Einer der letztlebenden Scheffen Lobberich's nach der alten Gerichtsordnung war Johann Kessels, welcher bereits 1771 und auch noch 1798 bei Aufhebung der Schöffengerichte, im Amte war. Er war geboren zu Lobberich am 22. Mai 1754 und starb daselbst im 82. Lebensjahre, am 6. November 1835.

Die notariellen Schreibdienste wurden in ältester Zeit von den Geistlichen besorgt und erst nach Ende des 16. Jahrhunderts kommen weltliche "Landschreiber" vor, nämlich Adam Hüls 1611, 1612 und 1619; Jakob Rosentritt 1628 (wohnte zu Lobberich und hatte Margaretha von Bocholtz-Bocholtz, die Wittwe des Jelis von Bocholtz-Ingenhoven, und nach deren Tode Agnes von Kessel, genannt Roffart, zur Ehefrau), Mathias Cronenbrook

1635; I. Menghius 1640 bis 1683. Von letzterem Jahre an blieb Menghius noch Sekretär für Grefrath und kommt für Hinsbeck, Herongen, Leuth und Wankum ein gemeinsamer "Landschreiber" vor. Fernere Sekretäre Lobberich's waren: Rud. Menghius 1700 und 1709 (wohl Sohn des Vorigen); P. Wolters 1721, 1726 und 1729; (zugleich Schullehrer daselbst); Heinr. Peter Leuten 1735 und 1740: U. H. Backhuys 1747 und 1752; I. P. Fr. Backhuys 1777, 1781 und wohl bis 1798.

Zugleich mit den Schöffen treffen wir bei jeder Gerichtsbank die Geschworenen an. Die Geschworenen des Gerichtes und der Herrlichkeit Lobberich waren im Jahre 1643: Friedrich tho Brock, Gerhard Töniß, Pauls Mobiß, Peter an gen Endt, Johann Müllers, Peter in der aleen und Peter Winkels. Im Jahre 1674: Paulus Moubis, Jan Müllers, Gerhard in der Hasart, Hendrich Heuuen, Jan Stroux und Jan Smeets (Schmitz). Im Jahre 1676: Peter in den Winckel, Dreiß tho broeck, Jan Schmitz und Jan strucks; in den Jahren 1685 bis 1695 war Johann Heythuysen vom Lehngute Heythuysen (Bengmanns) Geschworener. Er wurde im Juli 1695 von den Franzosen als Geißel für die Gemeinde, (weil er Geschworener war), gefangen genommen und saß 19 Monate in Luxemburg. Im Jahre 1771 waren Jehles Kox und Crein Moubis die Geschworenen Lobberichs.

Die vom Sekretär geschriebenen Protokolle, Urteilsbücher ec (S.49-2.Spalte) wurden gut verschlossen aufbewahrt. So heißt es im Kirchenbuche zu Lobberich II, Seite 64, gelegentlich der Aufnahme einer Stiftungsurkunde vom Jahre 1544, wobei die Schöffen zugegen waren, "daß die Urkunde im "Scheffenkomp" (Schependombs Komp") in Verwahr und Verschuß gelegt werde". Gelegentlich einer anderen Stiftungsurkunde vom Jahre 1560 heißt es im selben Kirchenbuche (Seite 40a): "daß die Urkunde in unsen Schependoms Komp gelacht (gelegt) und beschloeten (geschlossen) werden soll." Der Sekretär war auch vielfach in Gemeindesachen thätig und sein Amt von großer Wichtigkeit, da die Schöffen vielfach jeglicher juristischen Bildung entbehrten.

Als Gerichtsboten, welche, wie auch heutzutage, die niederen Dienste verrichteten, kommen uns in Lobberich vor: Heinrich Hensen 1586 und Gerdt Sassenfeldt.

Die "Prokuratoren" oder Winkeladvokaten, welche streitende Parteien vor Gericht vertraten, erhielten ihre Ernennung vom Jurisdiktionsherrn und legten vor Ausübung ihres Amtes einen Diensteid ab. Im Jahre 1674 waren zu Lobberich "Prokureurs": Mathis Cronenbroeck, Mathis Snyders und Wilh. Sassenfeld.

Verbrecher pflegte man vor Alters gewöhnlich in Herbergen unterzubringen, wo Einheimische, welche dazu gerichtlich aufgeboten wurden, sie bewachten; auch legte der zeitweilige Drost wohl bei seiner Wohnung ein Privatgefängnis an. Ein solches war der noch jetzt vorhandene sogenannte "Judenkeller" in der Vorburg des Schlosses Krickenbeck, der 1716 als Gefängnis schon bestand.

Von alten gerichtlichen Strafen, die Einwohner Lobberich's trafen, seien folgende erwähnt: Im Jahre 1399 wurde Hennen Smeede von Lobberich, weil er als Reitdienstpflichtiger kein Pferd besaß, zu 4 Gulden bestraft. - 1431 wurde Wilhelm von Hegholz von Lobberich,weil er seines Herrn Harnischpferd ohne Erlaubnis geritten, mit 7 Gulden bestraft. Diese obigen Strafen wurden vom Amtmann verhängt. Folgende Urteile wurden von der Schöffen-Dingbank zu lobberich im Amte Krickenbeck erlassen: Der Grüter von Lobberich ward 1386 für einen falschen Eid mit 100 alten Schilden bestraft. Peter ter Stepen von Lobberich wurdefür einen "meinen Eid", den er geschworen, 1399 mit 70 Gulden gebrüchtet. Heinrich v. Bocholtz

Dieser Heinrich von Bocholtz war der Sohn Johannes von Bocholtz und letzterer ein Bastard-Sohn von Eduard von Bocholtz zu Burg Bocholtz

Peter in Berendal und andere junge Burschen von Lobberich hatten 1570 einen Wettlauf verabredet, die Kirche zum Zielpunkt bestimmt und ausgemacht, daß derjenige, welcher zuerst anlange, den Kirchroster herausreißen solle. 15 Mark war die Strafe, für dieses tolle, "adelige" Vergnügen. Hennke zu Bocholtz schlug 1387 die Druda Peepkens zu Viersen zu Tode und zahlte als Buße 20 alte Schilde.

Auf Amtsvergehen waren ebenfalls nicht geringe Strafen gesetzt. Im Jahre 1387 hatte der Sohn des Besitzers von Heithausen den Johann von Bocholtz mit Umgehung des des rechtsmäßigen Gerichtsverfahrens ("buten den her") gespannen und in seinem eigenen Hause gefangen gesetzt. 61 alte Schilden waren seine Strafe.

Außer dem Schöffengerichte treffen wir in alter Zeit noch das jährlich dreimal wiederkehrende "Vogtgeding" an. Es wurde vom Schultheiß und Schöffen abgehalten und mußte aus jedem Haushalte wenigstens eine Person Anteil daran nehmen. Bei demselben wurde die Grenzen des Ortes, ferner durch Vertrag oder obrigkeitliche Verordnung eingeführten Verpflichtungen gewisser Personen z.B. des Pastors, des Patronatsherrn, des Müllers usw. vorgelesen, deren Nichtbeachtung von Jedem zur Anzeige gebracht werden konnte, worauf dann, je nach Befund der Sache, eine Entscheidung getroffen wurde. Dreimal im Jahre wurde Vogtgeding in Grefrath gehalten und waren zu demselben nach Wortlaut des Weistums einzelne Höfe von Lobberich, Hinsbeck und Wankum dingpflichtig. Diese Weistümer beider Vogtgedinge sind aus der Zeit von 1530 bis 1643 noch verschiedene erhalten. Das "Grefrather Weistum" vom Jahre 1561, aufgestellt im Vogtgeding, nennt uns die vorerwähnten, unter Lobberich, Hinsbeck und Wankum

gelegenen Höfe ausdrücklich; es waren: Dallerhaeff (Dahlerhof), der haeff in der Hotsteeg

und Vietz-gudt, alle drei unter Lobberich; Muntgens-haeff und Slieker- haeff unter Hinsbeck; und Nickertz-haeff und Boutten-haeff unter Wankum.

Während der französischen Fremdherrschaft, durch Dekret vom 23. Januar 1798 (4. Pluviose Jahr 6.,) hob der Gouvernements-Kommissar Rudler alle bisherigen öffentlichen Verwaltungs- und Justizbehörden auf und teilte die Länder zwischen Rhein und Maas und Rhein und Mosel in vier Departemente ein, nämlich in das der Roer, das der Saar, das des Rheines und der Mosel und in das des Donnerberges. Zum Roer-Departement gehörten die vier Arrondissemente Aachen, Köln, Krefeld und Cleve. Jedes Arrondissement bildete mehrere Kantone. Zum Arrondissement Cleve zählten 10 Kantone, unter diesen der Kanton Wankum, welcher aus den Gemeinden Wankum, Straelen, Velden, Herongen, Hinsbeck, Leuth, Lobberich, Grefrath und Wachtendonk gebildet wurde. Mit dieser Landeseinteilung wurde zugleich eine neue Organisation der Verwaltung und Rechtspflege eingeführt. Jede Gemeinde unter 5000 Seelen bekam als Vorsteher einen Munizipal-Agenten und einen Adjunkten und jeder Kanton für die bürgerliche Rechtspflege einen Friedensrichter. Die uralten Schöffengerichte nahmen damit ein Ende. Durch die vorerwähnte Verordnung vom 23. Januar 1798, durch welche die Schöffengerichte aufgehoben wurden, wurde gleichzeitig die Friedensgerichte eingeführt. In jedem Kanton war der Ort, wonach er sich nannte, der Sitz eines Friedensgerichtes; im Kanton Wankum aber befand sich das Gericht zu Wachtendonk. Durch Kabinettsorder vom 21. August 1821 erhielten die "Friedensgerichte" eine neue Einteilung. Im Landgerichtsbezirke Cleve wurden 10 Friedensgerichte errichtet, unter diesen auch eins zu Lobberich. es war besetzt mit einem Richter, einem Gerichtsschreiber und einem Gerichtsvollzieher. Der Bürgermeister war Vertreter des öffentlichen Ministeriums.

Infolge der neuesten Gerichtsordnung vom Jahre 1879 wurden die Friedensgerichte in Amtsgerichte umgewandelt. Auch wurde gleichzeitig die uralte Einrichtung der "Schöffen" bei den Amtsgerichtssitzungen wieder eingeführt und zwar müssen bei jeder öffentlichen Sitzung zwei Schöffen zugezogen sein. Die Schöffen werden aber nicht mehr, wie früher, auf Lebenszeit angestellt, sondern aus der Vorschlagsliste des ganzen Amtsgerichtsbezirks jedes Jahr für ein Jahr resp. 4 bis 5 Sitzungen ausgeloost.


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