Geschichte des Kirchenchores St. Sebastian Lobberich 1841-1941

IV. Kapitel:
Die Zeit vom Ende des 2. Weltkrieges bis zum Konzilabschluß 1945-1965

Buch S. 72

Vereinsleben 1955-1965

Der Kirchenchor hatte immer schon weltliches Liedgut gesungen. Als der neue Dirigent seine Arbeit aufnahm, ging der Chor verstärkt und mit Eifer an diese freiwillige Aufgabe heran. Am Ende der meisten Proben, die für den Gesamtchor freitags von 20 bis 22 Uhr stattfanden, wurde aus einer Sammlung mehrstimmig bearbeiteter Volkslieder von Friedrich Silcher geprobt. Es wurden auch Lieder von A. Knab, Romber, Franz Schuhen und Heinrich Schroeder erarbeitet. Im Rahmen einer Volkshochschulveranstaltung trug der Chor am 18. Dezember 1956 einige Altdeutsche Weihnachtslieder in der Bearbeitung von Dr. Ernst Klusen vor. Als Anfang der 60er Jahre der Enthusiasmus nachließ, erlahmte auch der Eifer für das weltliche Liedgut.
Im November 1945 zählte der Schriftführer 44 männliche und 43 weibliche Mitglieder, Zahlen, die vor- und nachher nie mehr erreicht wurden. 9 Jahre später gehörten noch 32 Herren und 28 Damen der Gemeinschaft an. Der Damenchor bestand noch immer aus unverheirateten Frauen. Etwa um die Mine der 50er Jahre wurde dieses Prinzip aufgegeben, zu einem Zeitpunkt, als die weltlichen Chöre„Frohsinn“ und „Hoffnung“ sich Damenchöre angliederten. Die Normalsatzung für Kirchenchöre aus dem Jahre 1950 hielt fest: „Jeder unbescholtene katholische Christ kann aktives Mitglied mit vollen Rechten werden; bei gemischten Chören gelten für die männlichen und weiblichen Mitglieder die gleichen Rechte.“

Obwohl die Gemeinschaft im ersten Jahr unter dem neuen Dirigenten um je 12 Damen und Herren zunahm, gab es bald Schwankungen: Eine krisenhafte Situation entwickelte sich von 1956 bis 1958 im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Jugendchores. Diese Singggemeinschaft bestand zunächst unabhängig vom Kirchenchor.

Dessen Vorstand fürchtete um den Nachwuchs und sah die Gefahr, daß ein Nebenchor entstehen könnte, der zu gegebener Zeit an die Stelle des bestehenden träte. Der Dirigent freilich bestritt, solche Absichten zu verfolgen. Präses Dechant Werth erarbeitete für den Jugendchor eine Satzung, die von den Vorständen beider Chorgemeinschaften unterschrieben und von den Mitgliedern des Jugendchores zur Kenntnis genommen wurde; darin hieß es: „Der Jugendchor ist Nachwuchschor und damit Teil des Kirchenchores." Dem entsprechend wurde seine Aufgabe bestimmt: „Stimm- und Chorschulung ... am einstimmigen und mehrstimmigen Liedgut, wobei das einstimmige Kirchenlied und das mehrstimmige religiöse Chorwerk eine besondere Stellung einnehmen." (62). Am 30. März 1958 sangen beide Gruppen des Kirchenchores gemein am das Passionsoratorium von Han Ebel, das die Jugendlichen im Jahr zuvor allein vorgetragen hatten. Nach 1958 traten die jungen Sängerinnen und Sänger nicht mehr selbständig auf. Sie beteiligten ich, soweit sie Mitglieder blieben, als integrierter Bestandteil am Chorleben. Im Jahre 1964/ 65 gehörten von den 39 Nachwuchssängern noch 5 dem Verein an. Der Integrationsversuch war also nicht gelungen. Um diese Zeit sank die Mitgliederzahl erstmal unter 50. Es wäre falsch, diese Entwicklung nur auf vereinsinterne Gründe zurückzuführen.

Ein Jahr nach der Krise trat am 20. November 1959 der Vorsitzende des Kirchenchores St. Sebastian in Lobberich, - dies war die Vereinsbezeichnung aufgrund der Normalsatzung - Heinrich Didden zurück, nachdem er dem Verein 10 Jahre vorgestanden hatte. Nachfolger wurde Karl Reulen ihm folgte von 1962 bis 1968 Alois Schlütter.

Analog zu den Schwierigkeiten verhielt sich auch der Probenbesuch. Es wurde an anderer Stelle bereits auf die sogartige Wirkung des „Heimkinos" Fernsehen hingewiesen, das um 1955 in der Bundesrepublik seinen Siegeszug antrat. Im Jahresbericht des Schriftführers für das Vereinsjahr 1956/57 findet man die Feststellung: „Besonders vorbildlich war der Probenbesuch im letzten Jahr jeweils unmittelbar vor den Aufführungen ... beunruhigend muß es wirken, wenn knapp 2/3 des Chores vorher wirklich intensiv mitgearbeitet hat." Mit Datum vom 1. März 1958 verschickte der Präses persönliche Einladungen an die Mitglieder, die Übungsstunden regelmäßig wahrzunehmen: „In den letzten Proben war nämlich die Beteiligung in den einzelnen Stimmen so schlecht, daß unsere Aufführungen zu Ostern fragwürdig erscheinen."

Recht gut beteiligten sich die Mitglieder an den Vereinsfeiern. Im Mittelpunkt stand auch nach dem Krieg das jährliche Cäcilienfest, das zwischen 1950 bis 1954 am frühen Sonntagmorgen mit einem gemeimsamen Kommuniongang eingeleitet wurde.

Zum Essen am Abend lud der Pfarrer ein. Das gemütliche Beisammensein verlief in der überlieferten Form In den ersten Nachkriegsjahren beteiligten sich mehrere Mitglieder, wenn e darum ging, etwas auf die Bretter zu bringen.

Solange da 40stündige Gebet noch an den 0stertagen durchgeführt wurde (bis 1955) hatte auch der Eiertipp nach der „Beschlut“ einen festen Platz. Wann er abgeschafft wurde ist nicht mehr genau festzustellen, jedenfall traf man ich ab 1964 nicht mehr.

Nach dem Krieg wurde auch an den Brauch angeknüpft, gelegentlich im Sommer einen Ausflug zu machen. Am 21. Juli 1946 bereitete die Sängerschar ihrem Pastor Matthias Schmelzer im Kempener Krankenhaus eine mittägliche Serenade. Als 1948 das Geld durch die Umstellung auf das System der Deutschen Mark wieder einen verläßlichen Wert erhielt und der Schienen- und Straßenverkehr neue Möglichkeiten eröffnete erwachte auch im Chor die Reiselust: 1949 waren noch Brüggen und die Elmpter Kapelle Ziele einer kombinierten Busfahrt und Fußwanderung, im folgenden Jahr schon unternahmen 45 Sängerinnen und Sänger eine Fahrt ins Ahrtal, die so gut gefiel, daß der Schriftführer einem Bericht die Frage anschloß: „Wo geht es denn nächstes Jahr hin?" So ließ man zunächst keinen Sommer verstreichen ohne ausgeflogen zu ein. Reiseziele waren:

  • 1951 Maria Laach
    (mit Besuch des früheren Mitgliedes Pater Ambrosius Dohmes)
  • 1952 Monschau und die Rurtalsperre
    (An diesem Ausflug nahmen auch die Chorknaben teil)
  • 1953 Burg an der Wupper
  • 1954 Limburg, Schönstatt, Unkel (mit 70 Teilnehmern)
  • 1955 Ahrtal
  • 1957 Kloster Steinfeld, Nideggen
  • 1958 Siebengebirge
  • 1959 Mariawald Schwamenauel
  • 1960 Hohensyburg, Wannebachtal (mit 47 Teilnehmern)
  • 1961 Nideggen
  • 1962 Marienheide
  • 1963 Rurtalsperre
  • 1964 Hellental
  • 1965 Reichswald bei Kleve (mit „kleinem" Chor)
  • 1966 Weisweiler-Zweifall

Bei fast allen Fahrten machten die Sängerinnen und Sänger Zwischenstationen, um ein feierliches Hochamt zu singen. Zu diesen Fahrten wurde auch aus der Vereinskasse ein Beitrag zugesteuert. Diese Kasse enthielt Mitgliederbeiträge die für Erwachsene 1 Mark und für Jugendliche unter 18 Jahren 0,50 Mark betrugen, außerdem das auf der Orgelbühne kollektierte Geld, das wiederum von den Mitgliedern und einigen anderen zusammenkam. Im Vereinsjahr 1952/53 wird von einer Aktion berichtet, neue Ehrenmitglieder zu gewinnen. Unkosten bei Aufführungen, Anschaffungen von Noten und das Cäcilienessen wurden aus der Kirchenkasse bestritten.

Die Sitte, bei Vermählung von Mitgliedern eine Messe zu singen, wurde beibehalten.
Bei folgenden Primizämtern trat der Chor auf:

  • Pater Ernst Peters (1948)
  • Johannes Hübner (1950)
  • Karl-Josef van Kück (1953 - früheres Chormitglied)
  • Hermann-Josef Baumann (1956 - früheres Chormitglied)
  • Hans Brüggemann (1957 -früheres Chormitglied)
  • Bruno Frohn (1959 - Sohn des früheren Organisten)
  • Willi Rang (1959)
  • Karl-Heinz Haus (1961)
  • Franz Cuylen (1961).

Am 22. Juli 1945 sangen die Damen und Herren unter dem Dirigat de Kaplans Wilhelm Rütten anläßlich des 25jährigen Dienstjubiläum ihres Dirigenten Willy Frohn ein Hochamt und nachmittags in einer kirchenmusikalischen Andacht. Zum 25jährigen Dienstjubiläum seines Nachfolgers Heinz Spratte trug der Chor am 2. Februar 1962 Palestrinas „Missa aeterna Christi munera" und Bach , Jesu meine Freude" zur Opferung vor.

Da 40jährige Priesterjubiläum des Dechanten Peter Werth, (seit 1948 Pastor der Pfarre) gestalteten die Lobbericher Vereine in einer originellen Form: ihre Mitglieder gingen von Haus zu Haus um Spender für eine neue Orgel zu gewinnen. Am 1 . August 1963 nahm der Jubilar ein Buch entgegen, in dem etwa 100.000 DM gezeichnet waren. Vor dem Festtag fanden ich alle Chöre Lobberich mit dem Musikverein zu einer abendlichen Serenade zusammen. Der Kirchenchor sang im Festhochamt Palestrinas „Missa Papae Marcelli“.

Eigentlich hätte der Chor 1964 zum 80jährigen Bestehen des kommunalen Marienhospitals singen können; er sang, doch war der Anlaß die Einweihung des neuen Hauses.

Der Tod eines Sangesbruder oder einer Sangesschwester trifft die Gemeinschaft.
Zu oft hat man Freud und Leid aber auch Spannungen und Ängste bei Aufführungen sowie Hochstimmung beim gesungenen Gebet erlebt, als daß nicht Gemeinsames gewachsen wäre.
Für alle Heimgegangenen werden für die Zeit von 1945 bi 1965 genannt:

  • Anton Nonninger: Beerdigung 18. Februar 1947, Mitglied seit 1888
  • Christine Didden: Beerdigung 30. Mai 1950, Mitglied des Damenchores seit seiner Gründung,
  • Willy Peuten: gestorben im August 1952, Mitglied seit 1923, Leiter der Theatergruppe und von 1939 an Schriftführer,
  • Johann van Hasenhorst: gestorben am 1. Adventsonmag 1952, Mitglied seit 1905, Kassierer seit 1939
  • Egidius Dohmes: gestorben am 25. Januar 1954, Mitglied seit 1888,
  • Johannes Fritz: Beerdigung am 16. März 1960, Mitglied seit 1908, früherer Vorsitzender.

Wahrscheinlich wurde beim Tode von Johannes Fritz erstmals von der Gewohnheit gelassen, am offenen Grab zu singen; jedenfalls wurde danach an einem der folgenden Sonntage eine mehrstimmige Messe vorgetragen.


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